Dieser Zyklus entstand 2004 und basiert auf einer „unitarischen“ Sichtweise
mir zittern die Sinne. Ich fühle: ich kann – und ich fasse den plastischen Tag. Nichts war noch vollendet, eh ich es erschaut, ein jedes Werden stand still. Meine Blicke sind reif, und wie eine Braut kommt jedem das Ding, das er will. Nichts ist mir zu klein und ich lieb es trotzdem und mal es auf Goldgrund und groß, und halte es hoch, und ich weiß nicht wem löst es die Seele los…“
Einleitung
Später fand er in Europa Eingang und schmückt schon seit Jahrhunderten römisch-katholische Sakralräume. Vor allem in der Passionszeit, bis in Ostern hinein, wird er zur Verinnerlichung und Vergegenwärtigung der Menschwerdung Gottes benutzt.
In der kirchlichen Tradition ist nur Jesus der Sohn Gottes, in verschiedenen gnostischen und außer-kirchlichen Bewegungen, ist dagegen auch jeder Mensch, ein Kind (Sohn) Gottes und erlebt die „Menschwerdung des Göttlichen“ im eigenen Leben nach.Diesen Gedanken, das der Weltengrund (Vatergott) in jedem Menschen zum Bewusstsein kommt, folgt auch diese Verarbeitung des Kreuzweges – als Seelenweg. Die Ursache des Seins – der Urgrund – wird Leben (die Welt vom Mineral, über das Pflanzenreich bis hin zum Tierreich) und kommt in dieser Welt zum Bewusstsein (im Tierreich). Im Menschen wird er seiner selbst bewusst. In dem jüdischen Rabbi kam Gott zu sich selbst so, das dieses Leben als Vorbild in der Gesamtentwicklung der Menschheit als Vorbild dienen konnte. Das „Ich-Bin-Da“ des (sich darauf vorbereitenden Israel) wurde zum „Ich-Bin“ in einem einzelnen Menschen. Nicht mehr ein Volk, oder Stamm, sondern das menschliche Bewusstsein.
Der Mensch braucht Gott um zu sich selbst zu kommen = Gott braucht den Menschen um sich seiner selbst bewusst zu werden. Das ist unitarisches Denken, das aber so auch bei Teilhard de Chardin, Rudolf Steiner, Ken Wilber und anderen Vertretern der spirituellen Evolution (Sri Aurbindo) zum Ausdruck kommt.
Oder auch: „Gott wurde Mensch – damit der Mensch Gott werde“Der Zyklus folgt einer Zweiteilung. Die ersten sieben Bilder stellen das Werden des Menschen dar, bis zur Reife und vollen Handlungsfähigkeit in der Welt. Die zweiten sieben Bilder die Entwicklung
zur geistigen Reife, die mit der körperlichen nicht identisch sein muss.
Den Bildern ist fortlaufend der Eingang des Stundenbuches von R.M.Rilke beigestell

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.
(R.M.Rilke)
Nach traditioneller christlicher Anschauung ist es Gott, der jedem Menschen seinen Platz im Leben, in der Gesellschaft, der Zeit, der Familie (usw) zuordnet, zurichtet. Anhänger der asiatischen Religionen, sehen den Beginn des neuen Lebens als Ende des alten an und betrachten den Platz, der im Leben eingenommen wird als Resultat (Gericht) des vorhergegangenen. Welches Anschauung hier genommen wird (oder auch eine andere) muss der Betrachtende für sich selber entscheiden.
Grundlage dieser Bildbetrachtung, ist die Annahme, dass kein Zufall für mein Leben entscheidend ist, sondern ein Beschluss, der sich an den Notwendigkeiten des göttlichen Lebens (dessen Teil ein jeder von uns ist – oder an dem Tun eines karmischen Vorgängers , der wir ja nicht selber sind) orientiert.
Drei Gestalten sind in den Grundfarben blau, grün und rot in dominierender Pose dargestellt: Das Christentum kennt die Trinität (Vater, Sohn, heiliger Geist), das Heidentum kannte drei Nornen (Urd, Werdandel und Skuld), die Zeit kennt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Oder auch:
Werden (Entstehen, Zeugen) Sein (Geburt und Da – Sein) Vergehen (Verblühen, Erneuern).
Die vier schwarzen Gestalten im Hintergrund weisen auf den Raum, die vier Himmelsrichtungen, auf den Ort „Erde“ in dem das Drama spielen wird – und Rilkes Text auf das „umkreisen Gottes“ seit Ewigkeiten.

Ich weiß, wie menschlich sie Madonnen planen, und träume oft von jungen Tizianen, durch die der Gott in Gluten geht. Doch wie ich mich auch in mich selber neige: Mein Gott ist dunkel und wie ein Gewebe von hundert Wurzeln, welche schweigsam trinken. Nur, daß ich mich aus seiner Wärme hebe, mehr weiß ich nicht, weil alle meine Zweige tief unten ruhn und nur im Winde winken.
(R.M.Rilke)
Das Kreuz als Sinnbild des Lebens, der eigentlichen Lebensaufgaben, die nur dann sinnvoll angegangen werden können, wenn sie – trotz emotionaler Hindernisse – angenommen werden. Wir sind – innerhalb dieser Bildserie – noch vor der Geburt zum Einzelwesen. Das goldige (reine) Geistkind, der Geistkeim – das Ich des Menschen – bejaht das Urteil, nimmt es an und erhält den Beistand des göttlichen Geistes (hier als Vogel dargestellt).
Es gibt Forschungsergebnisse, nach denen Menschen (wenn sie nach ihrem klinischen Tod ins Leben zurückgeholt werden konnten) ihre Biografie wie einen Panoramafilm noch einmal nacherleben.
Genauso gibt es Lehren, nach denen der Geistkeim (höheres Ich / Selbst usw.) die Grundmuster seines Lebens als Vorentwurf – die auszuarbeiten es aufgerufen ist – vor der Geburt überblickt. Nicht als festes «Korsett» dass alle Entscheidungen schon im Vorfeld geklärt und entschieden hat, sondern als «Möglichkeiten» in einer mehrschichtigen Vielfalt.
Die Farben sind sehr dunkel, als Hindeuten auf den Mutterleib, und die Farbe Rot überwiegt, als Hindeutung auf das Blut, das, nach alter symbolträchtiger Anschauung, von der werdenden Mutter
zurückgehalten wird, um daraus den neuen Menschen zu gestalten.
Die Bildaussage weist auf: „Doch wie ich mich auch in mich selber neige: Mein Gott ist dunkel…“ des Rilketextes.

(R.M.Rilke)
Das Bild ist hell, da die ersten Monate „schuldlos“ sind. Die archaisch drohende Gestalt liegt außerhalb des Blickfeldes der goldenen Gestalt, die nur die tragenden Hände sieht. Sie kniet auf Feuer. Dieses Element steht für Verwandlung, aber auch für Instinkt- und Triebwelt. Also den Bereich, in dem der Säugling unbewusst lebt. Die Frauengestalt ist archaich dargestellt und weißt in ihrer Symbolik – ebenso wie die Hände als «Helfer» auf die «vorsprachliche» Zeit, in der die Grundanlagen des späteren Verhalten geformt werden, der tiefstsitzenden Verhaltensmustern. Welche, da sie sprachlich nicht benannt werden können, auch so schlecht beschreibbar und somit ins Bewusstsein zu holen sind.
Im Sinne des Kreuzweges, stehen sie hier vor allem für alles spätere «Fallen», oder «innere Fallstricke», aber auch für die „Bilder, die wie Wände um uns stehen“ (R.M.Rilke)

(R.M.Rilke)
Die erste Hauptperson ist in der Regel die Mutter. An dieser Beziehung, der Liebe und Anteilnahme, richtet sich das Menschenkind auf (oder sinkt herab, wenn es der derer mangelt) Im Bild dominieren die Farbtöne des (natürlichen) Triebes (rot-gelb) und die der Reifung und des Wachsens (grün). Es ist die Zeit des intensivsten leiblichen Wachsens und Werdens. Die Mutter wirkt überdimensional, wie sie ja auch erlebt wird und zu den vier Personen im Hintergrund (oder Schablonen – Projektionen) sind zwei dazugekommen. Es ist die Dimension des «oben» und «unten», das aus der Fläche einen Raum macht. Den seelischen Raum, in dem das Geistkind sich entfalten und «wohnen» kann – oder eingesperrt und «unterernährt» dahinvegetiert.
Die Mutter ist hier – im Gegensatz zum traditionellen Kreuzweg – die größere Gestalt, so wie das Kind sie erlebt. Die Körperhaltung entspricht der Rune «Perto» (des gemeingermanischen Futhark), oder dem Becher, die Schale und somit den Behälter für das Wasser darstellt = Symbol für das weibliche Element. Oder auch, dem Gral. Ebenso wie der Becher die Flüssigkeit aufnimmt, nimmt auch die Bildfigur auf. Einmal das Kreuz, andererseits den emotionalen Strahl, der vom Herzen des Kindes ausgeht. Trotz der Größe und Dominanz in der Bildkomposition, geht von dieser Figur nichts aktiv handelndes, sondern aufnehmend formendes aus, dass durch Hingabe, Annahme und Liebe gestaltet.
Sie entspricht auch dem „Baum, der reif und rauschend…“ des Rilketextes.

(R.M.Rilke)
„Vater, der du warst, bist und sein wirst in unser aller innerstem Wesen! Dein Wesen wird in uns allen verherrlicht und hochgepriesen. Dein Reich erweitere sich in unseren Taten und in unserem Lebenswandel. Deinen Willen führen wir in der Bestätigung unseres Lebens so aus, wie du, o Vater, ihn in unser inenrstes Gemüt gelegt hast. Die Nahrung des Geistes, das Brot des Lebens, bietest du uns in Überfülle in den wechselnden Zuständen unseres Lebens. Lasse Ausgleich sein unser Erbarmen an anderen für die Sünden an unserem Wesen begangen.“ („Esoterisches Vaterunser“ – nach Rudolf Steiner)
Der Vater im «in unser aller innerstem Wessen» – der aktiv, handelnde Aspekt des Göttlichen, hier im Zentrum des Menschen, im Herzen, dargestellt. Rot – die Farbe des Blutes, das alle Einzelzellen des Gesamtorganismus mit allen notwendigen Bestandteilen versorgt und zu einer Einheit gestaltet, und aus der dynamischen Kraft des Herzens angetrieben wird.
Aus der Familie, der kleinen mütterlichen sozialen Gruppe, geht es hinaus in die große Gemeinschaft der Schule und der Notwendigkeit des Lernens und Handelns. Fünf ist die Zahl der Sinne (hören, riechen, schmecken, sehen, tasten) aus deren Informationen die Weltanschauung entsteht, die vor allem in der Schulzeit geformt und aufgebaut wird.
Ohne den „Nachbar Gott“ (Rilke) im Innern, kann diese Weltanschauung allerdings sehr Gott- und damit auch Sinnlos werden.

(R.M.Rilke)
Im Bild ist die Dualität, der vorher getrennt dargestellten Aspekte des weiblichen und männlichen, in Bezug zueinander dargestellt. Links der weibliche (Frau und blaue Kugel), rechts der männliche (rote Pfahl und roter Ball), beides in sich getrennt durch die grüne Schlange, aber alles um die goldene Gestalt konzipiert. In der nordischen Mythologie umschließt die Midgardschlange den «mittleren Garten» (die Erde) und begrenzt den Bereich unserer bewussten Erfahrung. So liegen die unpersönlichen Kräfte des allgemeinen männlichen und weiblichen Prinzips außerhalb und die persönlichen Wahrnehmungen von Körper und «Pfahl» innerhalb des Schlangenkreises. Einerseits ragt der «Pfahl» hinter der Gestalt auf, andererseits durchdringt dieser aber auch die weibliche Gestalt, das weibliche Herz.
Andererseits kann die Komposition von weiblicher Gestalt und Pfahl, auch als Strahl, der vom Herzen der Gestalt ausgeht gelesen werden. Da der kreative Prozess nur im geringsten Teil vom Bewusstsein gesteuert oder gar getragen wird, weist die weibliche Gestalt mit ihren Anteilen, die aus dem Schlangenring hinausweisen, auf die Anteile des Unbewussten und seinen aktiven Teil (Farbe rot) hin.
Was aus den Kräften gemacht wird, ob sie treibend sinnlich, oder treibend seelisch wirken, entscheidet sich vor allem in der Zeit der Geschlechtsreife, die hier dargestellt ist – bie rein sinnlicher Ausrichtung ist der Ausspruch Rilkes über die „Sinne, welche schnell erlahmen“ durchaus beachtenswert.

(R.M.Rilke)
Wichtig ist ebenso die Blickrichtung = nach „unten“, das symbolisch als Richtung auf das „Unbewusste“ dargestellt ist, aber mit „unten“ als Gegensatz zu „oben“, als „gut“ im Gegensatz zu „böse“ nichts zu tun hat. Die weitere Entwicklung geht nun in die innere seelische, aus der heraus der Mensch selbstbewusst und eigenständig als soziales Wesen handeln kann.
Oder, in den Worten Rilkes ausgedrückt: dich (Gott) besitzen…, um dich an alles Leben zu verschenken“ – vorher muss man jedoch – „in einem tausendfachen Gedanken bis an deinen Rand dich denken“, und somit den Weg nach „inne“ gehen.

(R.M.Rilke)
Der Weg nach inne, ist der Weg des „Brunnens“ (Frau Holle) des Absteigens in die Welt des Unbewussten und die Auseinandersetzung mit den dort waltenden Kräften. Die Frage nach dem Sinn des Lebens, des eigenen Schicksals, der eigenen Aufgabe. Dargestellt, wurde dies an den drei Nornen. Den Sinnbildern der Vergangenheit (Urd – Ursprung) der Gegenwart (Werdandel – Werdezeit) und der Zukunft (Skuld – Schuld). Aus der Vergangenheit kommen die Impulse und Verstrickungen, die die Gegenwart gestalten und so wie diese erlebt und in dieser gehandelt wird, entstehen „Schulden“ (an anderen, in der eigenen Seelenlandschaft) aus denen wieder neue Ereignisse entstehen, eine neue Gegenwart, in der wieder entschieden und gehandelt wird. Und das eine ist mit dem anderen (durch die Gegenwart) miteinander verbunden – und diese ist der „Ort der Freiheit“. Nur in der Gegenwart kann das Ich bewusst sich so entscheiden, wie es seinem Selbstbewusstsein entspricht. Ist das Ich gefangen in seine seelischen Muster, ist es der „Sklave seiner Seele“…
Es ist ein Anfang und ein Neubeginn, hinter dem die bewusste Entscheidung, diesen Weg zu gehen, liegt. Wer sich darauf einlässt, beginnt mit einer «Neuschöpfung» der eigenen Seelenlandschaft, ist allerdings bei diesem «Gerichtsentscheid» Richter und Angeklagter zugleich = mit Rilkes Worten:
„Die stillen Kräfte prüfen ihre Breite und sehn einander dunkel an.“ Die drei Frauen sind im Bild als Brunnen dargestellt, in dem sich die grün-gelbe Gestalt als goldene Schablone widerspiegelt. Diese trägt wiederum das Kreuz über ihrem Herzen. Die Bildkomposition bleibt in der klassischen Zuordnung: linke Seite und rechte Seite, so wie blaue und rote Farbe entsprechen der Aufteilung in weiblich und männlich. Oben die Sonne und unten die Erde.

deines alten Namens.
(R.M.Rilke)
Werden die (eigenen Verhaltens-) Muster erkannt, dann steht die Entscheidung zum «Verweilen» oder zum «Verändern» an. Allerdings ist diese Entscheidung nicht nur einmal und auch nicht so einfach. Denn die eigenen Muster erlauben dem Ich eine «stressfreie» Erlebniswelt und sind aus dessen Entwicklung hervorgegangen. Sie zu ändern entsteht erst aus einem Leidensdruck (Krankheit, neue Umwelt, Veränderung der sozialen Struktur) heraus, und ist durchaus angstbesetzt. Dies soll der Gesichtsausdruck darstellen. Auf der linken Seite ein blaue Gestalt, die «furienhaft», «gesichtslos» und «schemenhaft» im Unterbewusstsein wühlt und drängt. Auf der rechten, «bewussten» Seite tauchen die Symbole der drei Golgatha-Kreuze auf. Christus und die beiden anderen Verurteilten, von denen der eine in den Himmel, der ander in die Hölle kamen. Symbolisch sind es zwei Runen, die hier dargestellt sind(des nordischen Fudork, bestehend aus sechzehn Raunen). Die Ar – Rune (Querbalken nach rechts oben) und die Nod – Rune (Querbalken nach rechts unten). Die Nod – Rune ist die Schicksalsrune (Notwendigkeiten), die Ar – Rune die Lebensrune (Lebensprozesse). Übereinandergelegt ergeben sie die Hag-all – Rune, die Rune des «All – Umhegers», im griechischen Denken, der «Logos», das «Wort» im Johannesevangelium:
«Am Anfang steht worthafter Geist. Denn worthafter Geist geht nach Gott. Gott selber ist worthafter Geist.» (Johannesevangelium 1,1 – E. Drewermann)
Ein «Wort» ist einerseits Ausdruck der inneren Gedanken und andererseits die Möglichkeit der Kommunikation. Also sichtbarer Schöpfungsakt aus dem Geist, der sich interaktiv ausdrückt. Das Bild stellt die Entscheidungsfindung vor der «Geburt», des «in Erscheinung-tretens» dar, das mit Kämpfen verbunden ist und weist auch auf den Rilketext, der sich auf Abel und Kain bezieht. Abel = der nomadisierende Viehzüchter, der auf der Erde umherstreift und das nimmt, was diese ihm gibt – Kain = der die Erde aufreißende und Bäume ausrodende Ackerbauer, der die Landschaft (hier die Seelenlandschaft) umgestaltet; und durchaus in der dunklen Gestalt auffindbar ist.

Beim genaueren Wahrnehmung der eigenen Wesenstrukturen, werden auch viele Charakterzüge und Eigenheiten als „angezogen“ und „übergestülpt“ wahrgenommen, die „ausgezogen“ werden können. Das Würfeln ist eine Form des „Orakeln“ – dem Überlassen der Ereignisse an die nicht wahrnehmbaren Schicksalsmächte – das heute als Tarotkarten, Runen Legung oder auch als I Ging Befragung, vielen Menschen hilft, die äußeren „Hüllen“ (Sichtweisen) abzulegen und sich mit dem Eigentlichen (der inneren seelischen Landschaft und deren Muster) auseinanderzusetzen.
Das Loslassen – entkleiden – der angepassten und eingeübten Verhaltensformen, der „Persönlichkeit“ (Persona = Maske des Schauspielers im griechischen Theater) und die Aufnahme mit den wirklich schaffenden Kräften im persönlichen und unpersönlichen Unbewussten ist die Aussage dieses Bildes.
Im Zentrum leuchten die drei Würfel in den Farben rot (handelnd) und blau (aufnehmend). Dahinter steht die Gestalt des vorhergehenden Bildes in einer roten Aura. Das im vorhergehenden Bild als klares (Wunsch) Ziel erkannte ist relativiert und durch die begonnene Wesenveränderung unscharf geworden. Die Hülle (Persona – Maske) hat die Aufmerksamkeit für sich genommen. «Liebe ich meine Verhaltsmuster? Liebe ich sie nicht?» Das sagt die Gestalt auf der (bewussten) rechten Seite. Die unbewusste (linke) Gestalt lässt sich über die Werkzeuge des Orakelns (Würfel) vernehmen. Es ist eine konfliktreiche Situation (ähnlich Bild drei), die ebenso undurchsichtig ist. Wer schon einmal Karten, oder Runen gelegt hat weiß, dass dazu auch immer die Auslegung, der innere Kommentar gehört, und muss nicht nur aus den Tiefen kommen, sondern auch vom Bewusstsein angenommen sein.
Es ist wie ein Kontaktaufnahme zu einem Toten (bei Rilke Kain), zu den noch „toten Wesenanteilen“ der eigenen Seele.

(R.M.Rilke)
Was sind die wirklich schaffenden Kräfte?
Jeder Mensch ist ein „Krist-All“ Gottes, eine Inkarnation (Fleischwerdung) des „väterlichen Weltengrundes“. Und jeder trägt diesen „Gotteskeim“, in sich, der in ihm sich seiner selbst bewusst werden will. Und bei aller Unterschiedlichkeit der Menschen und ihrer Aufgaben und Lebensweisen, gilt:
„Ich bin der HERR (JHWH = Ich-Bin), und sonst keiner mehr, der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis, ich schaffe das Heil und schaffe das Unheil. Ich bin der HERR (JHWH = Ich-Bin), der dies alles tut.“ (Jessaja 45,6.7) //„Und der worthafte Geist (Logos) wurde selber Natur, er schlug sein Zelt auf – in uns.“ (Johannesevangelium 1,14 )
In jedem Menschen können wir diese Herrlichkeit sehen, den „Mensch gewordenen Gott“. Gewiss gibt es in der eigenen (roten) Triebnatur viel Dunkles und Lichtloses – aber = Im Bild sind sie angenagelt mit goldenen Hämmern. Der Hammer des Thor galt (in der nordischen Überlieferung) als Waffe gegen die Kräfte der Riesen (Natur- und Triebkräfte außen und im eigenen Innern) Andererseits ist die Mutter von Thor selbst eine Riesin. In der Bilderfolge geht es nun nicht ins Licht – sondern in das dunkle „Loch“, welches anziehend und irgendwie „saugend“ auf den Eintritt wartet.
Dieses „Dunkle“, dieses „Unten“ entspricht der „Mutter“ des vierten Bildes, sozusagen der mit dem Rücken nach oben umgelegten Pertho-Rune, die mit dem Geburtsvorgang, der die Frau zur Mutter macht, in Beziehung gebracht wird: „Pertho ist stets / Spiel und Gelächter / unter kühnen Männern / wo die Frauen im Geburtssaal / glücklich beisammen sitzen.“ (Runenspruch dieser Rune) Allerdings geht es hier weniger um die Geburt, sondern um den mütterlich – weiblichen Aspekt des Unbewussten, der hier vor allem im Loslassen (der bewussten Einstellung) und Vertrauen gesehen wird. Rilkes „Dunkelheit aus der ich stamme…“
Die gelbe Gestalt bringt mit ihrer Körperhaltung die „Nod“ – Rune zum Ausdruck, die Rune der (weiblichen) Schicksalsmächte (Nornen)

(R.M.Rilke)
Es gibt im Tarot das Arcanum (Geheimnis) des Gehängten, der mit dem Kopf nach unten am Galgen baumelt. Odin hing neun Tage (mit dem Kopf nach unten) am windigen Baum, bevor er die Runen aufnahm.
Das „Hängen“ ist ein Augenblick des Stillstandes, des „anderen“ Standpunktes, der Umkehrung und die Hinwendung zu den Wurzeln. Denn unser „Treiben“ kommt aus den „Trieben“, aus unseren Wünschen, Verhaltensmustern und all den Schatten, die wir oft nur schemenhaft wahrnehmen. Nicht ums „Auslöschen“ geht es hier, sondern um Auseinandersetzung und Wahrnehmung. Wir sollten oftmals unsere „Sichtweise“ und somit den Blickwinkel, ändern.
Das Holzgestell setzt sich aus drei Runen zusammen:
Der „Man“ – Rune = sie steht für die Hinwendung zur geistigen Welt.
Der „Yr“ – Rune = die stellt die Hinwendung zur Welt der Triebe und Leidenschaften dar.
Der „Tyr“ – Rune = der Rune des (Welten-) Richters.
Die beiden körperlichen Gestalten: die Man-Rune und die Yr-Rune – ergeben beide die Hagall-Rune. Diese ist die Rune des All-Hegers (des Logos = siehe Bild 9), der schaffenden Kraft der sichtbaren und unsichtbaren Welt – die „große Kraft“ Rilkes. (Vergleichen Sie Bild 5)

(R.M.Rilke)
Die Seele setzt sich dabei Kräften aus, die von der Ratio aus nicht mehr nachvollziehbar oder gar bestimmbar sind. Jede Traumsuche, jede schamanische Reise, Trance oder tiefere Meditation führt aus der lichten Welt des Bewusstsein hinaus in „unbewusste Welten“, die in Wirklich nicht tod oder zerstörend sind.
Vertrauen Sie auf die tragende Kraft des Wesenhaften in sich – das im Bilde in der blauen Gestalt – und auf die Wandelbarkeit Ihres Bewusstseins – das im Bilde in der rotgelben jubelnden Gestalt dargestellt ist. So wie es Rilke ausdrückt: „Meine beste Kraft soll sein wie ein Trieb, so ohne Zürnen und ohne Zagen“
In der Körpergestik sind drei Runen sichtbar: in der blauen Gestalt die Tyr-Rune, in der rot/gelben die Man-Rune und in der mittleren die Ur-Rune (Heilung durch Selbsterkenntnis)

(R.M.Rilke)
vor deiner wolkigen Stirne steht. Ich bin auf der Welt zu allein und doch nicht allein genug um jede Stunde zu weihn. Ich bin auf der Welt zu gering und doch nicht klein genug um vor dir zu sein wie ein Ding, dunkel und klug.
Ich will meinen Willen und will meinen Willen begleiten die Wege zur Tat; und will in stillen, irgendwie zögernden Zeiten, wenn etwas naht, unter den Wissenden sein oder allein.
Ich will dich immer spiegeln in ganzer Gestalt, und will niemals blind sein oder zu alt
um dein schweres schwankendes Bild zu halten. Ich will mich entfalten. “
(R.M.Rilke)
Darüber zu schreiben, oder zu lesen, ist nur als Hinführung sinnvoll, die Wirklichkeit und Sinnhaftigkeit eines solchen Weges, kann nur durch die eigene (Lebenspraxis) erlebbar werden.

Die Integration und Verarbeitung der sogenannten „dunklen Anteile“ führt zur Selbständigkeit und Selbstbewusstsein